Wenn ich über meine Arbeit rede…

Wenn ich über meine Arbeit rede, rede ich zunächst darüber, dass meine Arbeit keine ist. Mit Hannah Ahrendt sehe ich die unseren Arbeitsbegriff seit jeher prägende Aufspaltung zwischen den Sphären von Ideengeber (agere) und ausführendem Arbeiter (gerere) und damit, dass eine Arbeit zumeist als etwas bloß Ausgeführtes von einem Anderen oder einer Theorie/Ideologie Vorgegebenes oder axiomatisch Abgeleitetes in Erscheinung tritt.

Es handelt sich bei dem, was Ich zu tun versuche, insofern um keine Arbeit, als dass das hergestellte, ausgeführte Werk ein Ringen um Worte auf sich zieht und damit selbst ideengebend ist . Jedes Machen und gemachte Werk ist aber mit einem Sehen, einem Fühlen, einem Denken, mit Sinnen, Gefühlen, Gedanken – mit Assoziationen zunächst ganz für und bei sich und sprengt somit eine erfassende Versinnlichung und eine ausführbare Versprachlichung (Christoph Menke).

Es handelt sich beim Reden über die „Arbeit“ um ein Verunfertigen der Gedanken vom Werk beim Reden, ein Entwerken (Maurice Blanchot). Ähnlich führt das Herstellen des Werkes mich, den Herstellenden/Wahrnehmenden/Darübersprechenden, aus mir heraus bzw. in das Werk hinein, stößt mich immer wieder auf mich selbst als Anderem mit immer wieder neuen, anderen Ideen, Einsichten und Handgriffen – stößt mich auf das Hin und Her des Gelingens/Misslingens meiner eigenen künstlerischen Praxis.

In diesem Hin-und Her zwischen Sprache und Werk verwirren und klären sich diese asymmetrisch und zufällig und sind selbst noch fundiert, geordnet und verwirrt von meinem eigenen fremden Körper, der immer wieder die bloße Ausführung zerstörerisch flüchtet (Malabou). Nicht allein weil er unter der Arbeit schwächer und älter wird, sodass die Arbeit ebenfalls keine mehr sein kann, weil der ausführende Körper irgendwann nicht mehr ist, sondern weil in ihm etwas vorgeht, was ebenfalls durch die Herstellung und damit durchs Werk und durch die Sprache geht.

In diesem Sinne stellt sich mein weitgehend skulpturales Werk als ein zutiefst körperliches dar, welches aus der Präsenz der hergestellten Welt, aus dem Welt-Körper Ideen, Assoziationen, Blicke und Handgriffe zur Herstellung meist einfach anmutender Formen und Transformationen gewinnt, welche oft aus der assoziativen und situativen Überspitzung, Übertreibung oder körperlichen Verdichtung von Alltagspraktiken und Alltagsgegenständen heraus entstehen.

Dieser arbeitskritische Begriff von Werk und Werkrezeption scheint sich oft in die Form orts- oder situationsbezogener Formen oder Eingriffe als institutionskritisch übersetzen zu lassen, wobei aber die Kraft der realen Präsenz der Formen und Materialität des Werkes als Original (Walter Benjamin) und der Einfälle und Findungen des herstellenden Körpers (Jean-Luc Nancy) relativ unübersetzbar wird. Mein Werk zeigt sich hier als eine Dekonstruktion der Dekonstruktion, eine anhebende Absicht und ein Abbruch der Absicht, ein neuer Anfang der das Gewollte beendet, ein Körper, der sich aus seinem Kontext erhebt und mit ihm aus ihm heraustritt, sich ausdehnt.

Eine Gleichzeitigkeit von res cogitansund res extensa(Nancy), genauso wie es hier ein Nachdenken über das herstellende Machen des Künstlers über sich selbst im Nachhinein gibt und gleichzeitig ein/en sich ausdehnendes/en Künstler/Werk, der/was sich nicht hat, nie ganz im Blick hat, sich selbst zustößt (Valery), sich selbst er-/ anfasst und sich dabei ent(gegen)kommt, nicht fassen kann, was hier unter der Sprache ein eigenes Potential hat und den abweichenden Richtungen des Körpers, der Dinge, den Einfällen, dem Widerfahrnis (Bernhard Waldenfels) folgt:

Do you not know O speech how the buds beneath you are folded? Waiting in gloom, protected by frost,

My knowledge my live parts, it keeping tally with the meaning of all things,

(Leaves of grass Walt Whitman)

Mein Leben/ mein Werk ist also damit befasst diesen Trieben, den Dingen, den unhintergehbaren und unhinterfragten Assoziationen unterhalb und innerhalb der Sprache aufgehen, aufblühen, sich ausdehnen zu helfen – die Begriffe, das erfassende, einfrierende Wissen zu verflüssigen. Es ergießt sich über ein und aus einem Tun vor dem Wissen eine flüssige Sprache, ein fließendes Erfassen, was sich nirgends festhält und dadurch trägt und umfasst, auf sich treiben lässt, die Dinge umtreibt und so treiben es die Dinge in den Händen und meinem Kopf, denn Dinge, das sind natürlich auch die Worte selbst…

for something is there,

something is there when nothing is there but itself,

Whatever it is,

Formless, yet palpable,

Very shining, very delicate

Very rare.

(A Thousand Mornings Mary Oliver)

Letztendlich bleiben so die von mir umsorgten/hergestellten Dinge, was sie sind… fremd, nicht aushöhlbar (Ortega y Gasset) nicht einem absoluten (Emmanuel Levinas) einverleibbar keiner funktionalisierenden Sprache, genauso wie die Sprache selbst an diesen Dingen ausgesetzt und solchermaßen umsorgt wird – sie gerät, wie die Dinge in Bewegung, reicht nicht mehr wird unzulänglich und treibt so unter sich neuen Sinn, neue Formen und damit wirklich ins Politische und reicht so doch an den Formen der hergestellten Dinge hin, aber anderswo hin und anders… Ein sprachliches Züngeln und Dingeln um meine Dinge herum ohne ihnen den erkennenden, dingfesten Todesbiss zu verpassen.

Meist ist wahrer Sinn nur solange sicher wie er auf dem Meer der Sinne, Bewegungen und Formen treibt und diesem wie den Sirenen lauscht – Es geht also um das Formulieren von Sinn/ das Ersinnen von Form, im Sinne einer Form und eines Sinnes, die in Bewegung gekommen sich selbst aufs Spiel setzten und in dieser Selbstbedrohung und -aufgabe erst zu sich kommen, so wie Herman Melville erkennt, dass nur in diesem Sich-aufs-Spiel-Setzen, die Seefahrer lebendig sind und bedroht nur wirklich davon an einem Ufer, wie an einer zu festen Erkenntnis, zu zerschellen.